Der ach so schlechte Android Market

Dieser Beitrag wurde vor mehr als 11 Jahren veröffentlicht. Daher kann es sein, dass sein Inhalt oder ein Teil davon nicht mehr aktuell ist.

Man hört es immer wieder. Der Android Market bringt kein Geld. Er ist schlecht für Entwickler. Er ist einfach nicht rentabel. Bezahl-Apps werden sowieso nicht gekauft. Der AppStore von Apple ist eh viel besser. Och kommt schon. Glaubt nicht Alles, was ihr lest oder hört, sondern denkt mal etwas mehr nach. Abgesehen von der Tatsache, dass die Zahlen nicht so schlecht sind, wie sie dargestellt werden, hat es durchaus seine Gründe, warum sie nicht so gut sind, wie sie sein könnten. Es gibt viele Aspekte, die man einfach mal beachten sollte.

Anlass zu diesem Beitrag, ist ein Beitrag bei mobiFlip, in dem es um eine Firma gibt, die keine Lust mehr auf Android hat, weil sie nicht erfolgreich sind. Schuld sind natürlich nicht sie selbst, sondern Android, der Market und auch die Android-Nutzer. Ist klar. Das einfachste, was man machen kann, ist natürlich die Schuld bei den Anderen suchen. Kurz zur App, die die besagte Firma angeboten hat.

Es war eine Navigationsapp. Android-Nutzer werden an dieser stelle schon wissen, warum sie nicht erfolgreich war. iOS-Nutzer fragen sich wieso, denn dort sind überteuerte Navi-Apps der Renner. Schlichtweg, weil wir mit Android, Google Maps und der Google Maps Navigation eine komplette Lösung parat haben. Kostenlos. Direkt vorinstalliert. Warum also sollte ich mir eine App installieren die Betrag X kostet (Leider nicht mehr im Market verfügbar, also keine Ahnung ob sie 5 oder 50€ gekostet hat), wenn ich es kostenlos habe?

Und wenn es so schlecht läuft, warum schafft es Navigon dann mit über 50€ auf 50.000-100.000 Downloads? Nunja, wie dem auch sei. Ein Zitat von Skobbler ist auf jeden Fall dieses:

Beispielsweise wurde die deutschlandweit erfolgreichste Bezahl-App fürs iPhone bislang über 2 Millionen mal heruntergeladen, die erfolgreichste Android-App dagegen nur rund 60.000 mal.

Wirklich? Die erfolgreichste kostenpflichtige Android-App wurde nur 60.000 Mal heruntergeladen? Nö. Ich weiß nicht, wie Google das berechnet, aber auf Platz 1 der Bezahl-Apps ist nicht die App mit den meisten Downloads. Auf Platz 1 haben wir Alicoid. Ein Siri-Klon für 0,99€ der 10.000-50.000 Mal heruntergeladen wurde. Klingt wenig? Ist es auch. Die Sprachsteuerung ist auch nicht so begehrt, wie es Apple einen glauben machen möchte. Platz 2 hingegen hat das beliebte Spiel Where’s My Water. 0,76€ und 500.000-1.000.000 Downloads. Dazu kommen die 0,75€ In-App-Kauf des letzten Updates.

Zufall? Nö.

Es gibt noch mehr. Ich bin nur zu Faul, sie hier aufzulisten. Alles Apps, die doch ein paar mehr als 60.000 Mal heruntergeladen wurden. Komisch. Leider zeigt mir der AppStore von Apple in der Webversion keine Vergleichszahlen. Abgesehen davon, dass er Apps wie SwiftKey gar nicht erst beinhaltet. Titanium Backup ist übrigens eine Root-App. Also nur für einen begrenzten Kreis und dennoch ist der Entwickler mittlerweile reich.

Sicherlich sind die Verkaufszahlen bei iOS teils höher. Trotz der Tatsache, dass Android weiter verbreitet ist. Dieser Punkt stimmt. Dagegen sage ich nichts. Die Gründe liegen aber auf der Hand. Bzw. der Grund. Die Zahlungsmöglichkeiten. Was habe ich im AppStore von Apple? Click and Buy oder eben auch iTunes-Karten. Genau. Karten! Prepaid. Die ich im Laden kaufen kann. Was habe ich bei Android? Google Checkout. Hier kann ich meine Kreditkarte hinterlegen. Mehr nicht.

Ok. Hier gibt es jetzt mehrere Punkte zu beachten. Kreditkarten sind außerhalb der USA nicht so weit verbreitet. Sicherlich hat hier Google (Android), Sony (PSN) und Microsoft (Xbox Live) seinen Teil beigetragen, dass es weiter verbreitet ist, aber das reicht nicht. Manche Menschen haben per se was gegen Kreditkarten. Dazu kommt, dass selbst Menschen, die eine Kreditkarte wollen, sie nicht immer kriegen. Eine iTunes-Karte bedarf keiner Überprüfung.

Ok der zweite Punkt sind also Menschen, die eine Kreditkarte wollen, aber nicht kriegen. Und das ist der Punkt. Klar, wie René in den Kommentaren zum oben verlinkten Beitrag sagt, Kreditkarten sind in den USA gut verbreitet, aber er lässt einen wichtigen Punkt außer Acht. Diejenigen, die wohl am meisten Kohle in den AppStore schießen, sind schlichtweg 16 und jünger. Sprich, sie kriegen noch gar keine Kreditkarte. Weder hier, noch in den USA. iTunes-Karten hingegen schon.

Das Problem liegt also darin, dass Google noch keine Wallet-Karten (Google Wallet ist der neue Name für Google Checkout) verkauft. Ich bin mir sicher, dass die Verkäufe einige Wochen nach Einführung von Wallet-Karten (wahlweise auch Android-Karten oder wie man sie nennen will), in die Höhe schießen. Endlich könnten Jugendliche ihr Erspartes und auch ihr Taschengeld in den Android-Market pumpen. Und hey, wenn man eh eine 15€-Karte hat, kann man auch gleich das Restguthaben verballern.

Also ja. Die Verkäufe sind teilweise niedriger als bei iOS, aber es liegt nicht daran, dass die Android-Nutzer geizige Kleinkinder sind, wie Skobbler es sagt, sondern daran, dass die Zahlungsmöglichkeiten arg beschränkt sind. Der Market ist mittlerweile super. Ich erinnere mich noch an das Schwarze Ding aus Android 1.5 (Cupcake), wo man keine Lust hatte, etwas zu kaufen. Mittlerweile ist er aber sehr ansprechend und übersichtlich. Daran liegt es also nicht mehr. Und dass man Apps verkaufen kann, beweisen sehr viele Entwickler.

Wenn man allerdings eine Nische nimmt, die lange überflutet ist, kommt man nicht weit, mit einem Instagram-Klon, für 10€ würde ich auch nicht weit kommen. Könnte aber auf den Android-Market schimpfen, weil es sich nicht verkauft. Kleinkinder-Trotzverhalten statt Fakten. Das sind Menschen. Man versemmelt es und gibt anderen die Schuld.

5 Kommentare

  1. Der Skobbler-Fall hat natürlich einen kleinen ‚Haken‘, das Kartenmaterial ist von OSM, also zunächst mal frei verfügbar.
    Ich hatte mir die Skobbler-App mal angesehen und sah für mich keinen wirklichen Mehrwert, gegenüber anderen OSM-Apps.
    Aber ich kauf auch gern eine ordentliche App bzw. bin bereit für eine kostenlose App zu spenden, wenn das möglich ist.

    Einen anderen Grund, warum eventuell nicht viel gekauft wird, ist sicherlich die 15 Minuten Rückgabezeit. Das ist, gerade bei Apps die man draußen nutzt, sicher mehr als zu kurz und hält dann viele ab.

    • Stimmt. Die 15 Minuten habe ich nicht bedacht. Das ist für mich der Hauptgrund. Ich lese oft von Apps, die ich potentiell interessant finde. Ich hätte aber gerne die 24 Stunden. Meinetwegen auch 10.

      Beispiel. Ich sitze auf Arbeit und kriege einen Apptipp.
      Sehe: Kostenlos. Wird installiert. Später getestet.
      Sehe: Kostenpflichtig. Ok, wird später installiert. Später aber vergessen.

      Ich will keine 3€ für eine App ausgeben, die ich nicht brauche. Hätte ich mehr Zeit, könnte ich sie erstmal installieren und später testen. Wenn ich sie dann vergesse, bin ich wenigstens selbst Schuld.

  2. Wäre bestimmt auch eine nette Idee für den Market, eine Listenoption, bzw eine App merken/im Auge behalten.
    AUch wenn dass heute nicht mehr so wichtig ist da der interne Speicher immer größer wird aber früher auf meinem htc magic hätt ich schon gern im market listen gemacht um mir bei bedarf zB Spiele runterzuladen weil für alle nie platz war. Die Testdauer verlängern: +1 „Prepaid“-Karten: +1, hab zwar jetzt ne Prepaid-Kreditkarte aber irgendwie nimmt checkout die nicht an. Und über Vodafonerechnung klappt auch nicht, liegtvielleicht daran das wir diese option rausgenommen haben indem wir diese Abo-per-Click-Funktion (wie auch immer das hieß, haben wir rausgenommen weil uns immer irgendwelche Abos angehangen wurden) genommen haben und somit keine anderen externen Sachen über Rechnung bezahlt werden können.

    PS: Schöner Blog, bist mir noch von den Kommentaren im Androidpitblog bekannt und verfolge jetzt gerne deinen Blog, weiter so :)

  3. Bei den Download-Zahlen musst Du berücksichtigen, dass zumindest einige der genannten Apps bei der Sonderaktion für nur 10 Cent dabei waren. Das trifft mindestens auf Papier Kamera und Swiftkey X zu.
    Bei der Platzvergabe berücksichtigt Google sowas wie Trends (nehmen die Downloads zu oder ab), Bewertungen und so. Außerdem sind die Listen von Land zu Land unterschiedlich. Was bei uns oben steht, steht in den USA möglicherweise gar nicht auf der Liste.
    Daher ist die Aussage von mobiFlip mit der „erfolgreichsten“ App natürlich sehr gewagt :-)

    Du hast schon die In-App-verkäufe erwähnt. Ich würde die noch mehr betonen. Reine App-Verkäufe sind auch im iTunes-Store nicht der Haupt-Geldverdienst.

    Zu Skobbler hast Du alles gesagt, bzw. Max noch eine wichtige Ergänzung gebracht. Bei der Ausgangslage muss eine App schon wirklich enormen Mehrwert bieten. Das war bei Skobbler wohl nicht der Fall. Oder wenn doch, war das Marketing schlecht. In jedem Fall liegt die Schuld nicht am Market (an dem es anderes auszusetzen gäbe, wie bspw. die zu schlechten Suchmöglichkeiten).

    • Schöner Kommentar. Gute Ergänzung zum Beitrag.

      Dass die In-App-Verkäufe viel bringen, sieht man an der Seite »Erfolgreichste« im Market am Telefon. Hiermit ist gemeint, wer am meisten Kohle macht. Die ersten 4 sind Kostenlos. Bis vor Kurzem war da noch ein Spiel bei namens Defender. Macht Spaß. Ist Kostenlos, bietet aber Mehrwert durch In-App-Käufe. Es hielt sich mehrere Wochen auf Platz 1.

      Man kann mit Werbung und In-App-Käufen weit mehr Kohle machen als mit dem Verkauf von Apps. Siehe Angry Birds. Kostet bei iOS 0,99€ bei Android ist es Gratis. Rovio schrieb nach kurzer Zeit, dass die Einnahmen durch Android, die durch iOS nach kurzer Zeit überholt haben. AFAIR waren von 1Mio Monatlich die Rede.

      Suchmöglichkeiten sind zumindest im Web Market schon recht gut. Aber sonst gebe ich dir recht. Keine Möglichkeiten zu filtern, wenn ich am Smartphone suche.