Microsoft und die Werbesongs

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Microsoft legt nicht immer die besten Ideen an den Tag, wenn es um das Marketing ihrer Produkte geht, das sollte allen klar sein. Was mich jedoch häufig umso mehr begeistert, sind ihre Werbespots – und zwar sowohl die, die hierzulande ausgestrahlt werden, als auch die, die man auf ihren YouTube-Kanälen und Teasern während der Keynotes findet. Doch es ist nicht einmal der Inhalt, der mich beeindruckt.

"Everything At Once" von Lenka - bekannt aus den Windows 8-Werbespots.

„Everything at Once“ von Lenka – bekannt aus den Windows 8-Werbespots.

Tatsächlich ist es die Hintergrundmusik, die diese Spots für mich interessant wirken lässt – so dumm es auch klingen mag. Aus meiner Sicht gibt es momentan genau zwei Unternehmen, die es schaffen, zu jedem Werbeclip den perfekten Song zu finden, und das sind Vodafone und Microsoft. Ersteres dürfte zumindest im Bereich der deutschsprachigen Werbeclips deutlich präsenter sein, doch mit letzterem kenne ich mich besser aus, weshalb es mir dort auch deutlicher auffällt.

Too Close (To Love You)

Beispielsweise ist „Too Close“ von Alex Clare ein Song, der jedem ein Begriff sein sollte. Der Dubstep-Track stürmte 2011 die Spitze der Charts und erreichte bis heute über 63 Millionen Klicks auf YouTube. Doch wie kam es zu diesem Erfolg? Richtig, Microsoft sorgte dafür. Too Close war der Song einer Werbekampagne für den Internet Explorer 11 im Jahr 2011 und wurde erst dadurch richtig populär. Ich lehne mich einmal so weit aus dem Fenster und behaupte, der Song wäre bis heute weitestgehend unbekannt, wenn er nicht als Grundlage dieses Spots gedient hätte.

Can’t Hold Us

Auch „Can’t Hold Us“ von Macklemore, Ryan Lewis und Ray Dalton ist inzwischen fast schon so bekannt wie Bill Gates selbst. Der Song erreichte, genau wie Too Close, Anfang 2013 Platz 1 der deutschen Single-Charts – und Microsoft nutzte ihn einige Wochen zuvor als Titelsong ihrer Kampagne für die überarbeitete Version ihres Mail-Dienstes, Outlook (damals ging Windows Live Mail gerade zu Ende und Outlook frisch an den Start). Auch hier wage ich zu behaupten, dass dieser Werbeclip überhaupt erst für den großen Erfolg dieses Hits sorgte. Macklemore und Co. waren zwar zuvor bereits recht erfolgreich, aber Microsoft hat ihnen hier aus meiner Sicht den Rest gegeben – vermutlich unbewusst, denn man muss sich natürlich vor Augen führen, dass wir in Deutschland von Firmen wie Microsoft und Apple häufig Werbung zu sehen bekommen, die in den USA produziert und ausgestrahlt und für den deutschen Markt „nur“ übersetzt wurde. Die Songs waren dort natürlich schon viel bekannter als hierzulande.

Everything at Once

Zur selben Zeit drehte sich auch alles um Windows 8, der vermutlich schlimmsten Windows-Version der letzten Jahre. Das sage ich nicht, weil ich sie nicht mochte, im Gegenteil, ich fand Windows 8 so toll, dass ich mir irgendwann sogar ein Surface RT zulegte und es nahezu liebte – aber diese Euphorie teilten eben nur wenige Personen und so wurde Windows 8 zu einem riesigen Flop, trotz der gigantischen Reklame, welche damals als „größte Werbeaktion, die Microsoft jemals veranstaltete“ bezeichnet wurde. Und tatsächlich – egal, ob man die Zeitung lesen, durch die Stadt fahren, im Internet surfen oder fernsehen wollte, früher oder später traf man auf Windows 8 und das (zu dem Zeitpunkt) neue Windows-Logo. Ich will gar nicht wissen, was das alles gekostet hat…

Ein Song, den ich einfach damit verbinde, ist „Everything at Once“ von Lenka, welcher ebenfalls recht erfolgreich war. Zwar konnte er nicht mit Too Close und Can’t Hold Us mithalten, doch auch er lief im Radio rauf und runter – was wieder einmal der Verdienst von Microsoft war, denn Everything At Once diente als Werbesong für die Windows 8-Werbespots. Der Titel wurde dann sogar zum offiziellen Motto, auch wenn Windows 8 alles andere als „everything at once“ war. Und zwar war Lenka bereits zuvor durch Songs wie „The Show“ auch hierzulande ziemlich bekannt, doch den Erfolg von „Everything at Once“ in Deutschland verdankt sie einfach Microsoft. Ehrlich gesagt war dies jedoch auch der letzte bahnbrechende „Microsoft-Song“, an den ich mich erinnern kann – ich fing aber auch erst 2007 an, mich für technische Themen zu interessieren (da war ich neun Jahre alt).

Crazy Heart

Doch nur, weil es andere Songs nicht in die Charts geschafft haben (Anmerkung: nur, weil es ein Song in die Charts schafft, muss er nicht automatisch gut sein – darauf lege ich großen Wert!), sind sie dadurch nicht schlechter oder ungeeigneter. Da wäre beispielsweise noch „Crazy Heart“ von Scott McFarnon, ein Lied, das in einem Cortana-Werbevideo mit dem schottischen Bike-Trial-Profi Danny MacAskill verwendet wurde. Dieses Video wurde 2014 auf dem britischen YouTube-Kanal von Microsoft Lumia veröffentlicht und zeigt eine kurze, aber atemberaubende Rad-Performance von eben diesem Protagonisten sowie die gesamte Vorbereitungsphase dessen. Es präsentiert einen Teil der Geschichte eines Extremsportlers sowie dessen Gedanken und Gefühlen und ich finde, kein Song dieser Welt könnte diese fast schon melancholische Atmosphäre sowie die Message dahinter (wenn man einmal von der ganzen Werbung in diesem Werbespot absieht) besser unterstreichen als dieser. Allein deswegen habe ich es damals bestimmt 20 Mal angesehen und staune auch jetzt noch darüber – und automatisch bleiben bei mir dadurch Cortana, Windows Phone und die Surface- und Lumia-Marken hängen. Well played, Microsoft. Well played.

Rather Be

Und wer von euch hat noch nie „Rather Be“ gehört? Okay, der Song war nicht direkt Teil einer Microsoft-Werbekampagne, dennoch passt er irgendwie doch in diesen Artikel. Clean Bandit, so heißt die Band dahinter, erzielte mit dem Lied ebenfalls einen riesigen Erfolg, doch in dem Fall wurde Microsoft erst danach darauf aufmerksam – und starteten gemeinsam mit Clean Bandit den „Lumia Music Contest“. Bei diesem Wettbewerb wurden einige YouTuber dazu eingeladen, ein eigenes Musikvideo zu dem Song zu produzieren. Der Gewinner durfte dann gemeinsam mit Clean Bandit deren neues Musikvideo drehen. Doch was genau hat das alles mit Microsoft zu tun? Ganz einfach – die Videos mussten Lumia-Produktplatzierungen beinhalten. Hierzulande beteiligten sich einige bekannte Personen an dieser Aktion, so auch Alexander Böhm (besser bekannt als AlexiBexi), welcher meiner Meinung nach das beste Video produzierte. Wie erwähnt, das hat nicht direkt etwas mit Microsoft und Werbung zu tun, dennoch sollte dieser Song aus meiner Sicht hier nicht fehlen.

Get Together

„Get Together“ von „The Everlasters“ hingegen passt wieder besser in diesen Artikel, dennoch möchte ich auch ihn nicht unbedingt als Werbesong bezeichnen. Er wurde im Januar 2015 während der großen Windows 10-Keynote verwendet, und zwar an der Stelle, als Terry Myerson den finalen Namen des neuen Betriebssystems enthüllte. Bevor es dies tat, wurde eine Zusammenfassung aller bisherigen Windows 10-relevanten Keynotes gezeigt – mit „Get Together“ als Hintergrundmusik. Und der Titel passte in dem Fall wirklich wie die Faust aufs Auge und vermittelte: hier entsteht aus vielen kleinen Ideen und Visionen etwas Riesengroßes, nämlich das Betriebssystem, das den neuen „Windows-as-a-Service“-Weg von Microsoft repräsentieren soll. Inhaltlich lässt sich zu dem Song nicht allzu viel sagen, da er im Wesentlichen nur aus „aah-haa-ooh-na-na-na“ besteht, dennoch passte er wie kein zweiter. „Wieder einmal“, wie Apple jetzt sagen würde.

Run Away und Indigo

Neben diesen eher bekannteren Songs gibt es auch noch weitere, die nicht wirklich bekannt, aber deswegen eben nicht automatisch schlechter sind. Dazu gehören beispielsweise „Run Away“ von Said The Sky und „Indigo“ von Hallway Swimmers.
Ersterer ist der Song vom Windows 10 Hero-Wallpaper, welches übrigens eine eigene verdammt interessante Geschichte besitzt. Böse Zungen würden jetzt behaupten, „Run Away“ passt, was den Namen des Songs betrifft, perfekt, denn tatsächlich spaltete dieses Foto die Windows-Community – die eine Hälfte fand es unglaublich toll, die andere hasste es abgrundtief. Ich schließe mich übrigens eher der ersten Hälfte an.

„Indigo“ verwendete Microsoft im Rahmen der „Do Great Things“-Werbekampagne, welche auf YouTube veröffentlicht wurde. Seit dem 19. Juli 2015, also genau zehn Tage vor dem Launch von Windows 10, präsentierte Microsoft der Öffentlichkeit jeden Tag ein neues Feature des kommenden Betriebssystems. Auf diese Weise schafften sie es, einen für Windows-Verhältnisse wirklich unglaublichen Hype zu generieren.

Wie anfangs erwähnt, gibt es aus meiner Sicht nicht viele Unternehmen, die Musik so gekonnt verwenden können wie Microsoft – der einzige ernstzunehmende „Mitstreiter“ ist Vodafone mit Songs wie „Running With The Wolves“ und „Safe And Sound“, welche vermutlich auch nur durch einen einfachen Werbespot eine so große Popularität erreichen konnten. Doch besonders Alex Clare und Macklemore werden den kreativen Köpfen aus Redmond vermutlich noch lange dankbar sein. Es bleibt die Frage, was ich mit diesem Beitrag überhaupt ausdrücken möchte – und diese möchte ich hiermit kurz beantworten: Musik ist auch in der Werbewelt wichtiger, als man im ersten Moment vielleicht denken mag und wenn man sich richtig anstellt, profitieren sogar beide Seiten davon – das Unternehmen und der Künstler bzw. die Künstlerin. Genau das scheint Microsoft wirklich verstanden zu haben.

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