Games dieser Dekade – Tür 23: The Outer Worlds

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The Outer Worlds gehört zu den Spielen, welche in den Bereich „Liebe auf den ersten Blick“ gehören. Bereits als ich das erste Mal einen kurzen Trailer dazu sah, war ich hin und weg und wollte es unbedingt spielen. Das verstärkte sich nur mit allem, was ich vor dem Release von dem Spiel hörte. Genauso groß war allerdings auch die Angst, dass das Ganze eine Enttäuschung sein könnte. Zum Glück war diese Angst komplett unbegründet.

The Outer Worlds

Das Spiel kam aus dem Nichts. Es gab kein Leaks, keine Gerüchte und keine Vermutungen. Das einzige was man wusste: Obsidian Entertainment – Das Entwicklerstudio von The Outer Worlds – arbeitet gerade an einem eigenen Spiel. Das war insoweit bereits etwas Besonderes, weil Obsidian Entertainment bis zu diesem Punkt in erster Linie für Auftragsarbeiten bekannt war. Und da da bisherigen Auftragsarbeiten, aber auch das eigene Spiel Pillars of Eternity so unglaublich beliebt bei Rollenspiel-Fans war, gab es hier natürlich einen gewissen Hype. Weiter geht’s nach einer kurzen Unterbrechung durch den Ankündigungstrailer:

»You just keep being you«
Ellie Fenhill – The Outer Worlds

Ich habe The Outer Worlds nun bereits durchgespielt und dennoch weckt der Trailer in mir den Drang es unbedingt spielen zu wollen. Mindestens zwei Spieldurchläufe sind auch geplant. Denn das »You just keep being you« (deutsch: Du bleibst einfach wer du bist), was im Trailer in Minute 1:21 erwähnt wird, ist nicht einfach nur so daher gesagt. Denn The Outer Worlds ist ein richtiges Rollenspiel. Man schlüpft nicht in eine Rolle und spielt diese, sondern man ist diese Rolle. Man spielt, wie man möchte.

Von den Erfindern von Fallout

Ich hatte in dieser Liste ja auch bereits Fallout 4. Das gesamte Universum stammt von den beiden Köpfen, die auch The Outer Worlds erschaffen haben. Wie es eben so ist, wenn man in der Gaming-Branche unterwegs ist: Man verkauft seine Ideen, um sie an den Mann zu bringen. Das haben die beiden Erfinder von Fallout damals auch gemacht und Bethesda hat seit Fallout 3 die Finger mit im Spiel. Fallout: New Vegas wurde dann als Auftragsarbeit wieder von Obsidian Entertainment entwickelt und gilt bis heute als das beste Fallout in 3D (Die ersten Teile hatten eine isometrische Ansicht).

Auf jeden Fall merkt man das sehr. Der Stil ist in einigen Punkten extrem ähnlich und auch die Idee ist wiederzuerkennen. Fallout spielt generell in unserem Universum. Allerdings spaltete sich die Zeitlinie nach den Kriegen von der unseren ab und blieb in einer Retrofuturistischen Version der 50er Jahre stecken. Bei The Outer Worlds ist die Idee ähnlich. Es spaltete am 14. September 1901 ab, als in unserem Universum William McKinley – der 25. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika – ermordet wurde. Dadurch wurde Theodore Roosevelt niemals Präsident.

In unserem Universum wurde hierdurch das Kartellrecht eingeführt, sodass Monopole von großen Firmen verhindert werden sollten. Das ist in dem Universum von The Outer Worlds niemals passiert, wodurch die Gesellschaft dort zu einer hyperkapitalistischen Dystopie wurden. Am 15. Mai im Jahre 2355 startet das Spiel dann und man befindet sich in einer Kolonie, welche seinerzeit von der Erde ins Leben gerufen wurde. Und die Galaxie, in der man sich befindet, sieht alles andere als rosig aus.

Fallout zeichnet sich dadurch aus, dass die Geschichte eigentlich super düster ist, aber alles mit einer Menge Witz dargereicht wird. Bei The Outer Worlds ist es genau andersherum. Das Spiel nimmt sich permanent selbst aufs Korn, je länger man allerdings spielt, desto mehr merkt man, wie düster die gesamte Geschichte ist.

The Outer Worlds - Edgewater

Du bleibst einfach wer du bist

Was bei Fallout allerdings gerade beim vierten Teil auf der Strecke blieb, es vorher aber immer auszeichnete: Das Rollenspiel. In Fallout 4 schlüpfte man in eine bestimmte Rolle und konnte hier und da ein bisschen was lenken. Die Vision der beiden Erfinder war aber mehr und das sieht man wieder in The Outer Worlds.

Man spielt einen gerade aus dem Kryoschlaf aufgewachten Kolonisten, der für sich selbst keine Persönlichkeit hat. Diese gibt man seinem Charakter. Man hat zu Beginn sechs Attribute, welche in Körper, Geist und Persönlichkeit eingeteilt sind und nur sechs Punkte, zum verteilen. Will man ein Durchschnittstyp sein, dann macht man einfach alles auf Gut. Das ist kein Problem, dann ist man in nichts besonders gut, aber auch nicht schlecht und kommt ganz ok durch die Gegend. Man kann sich aber auch auf bestimmte Dinge spezialisieren.

Was allerdings besonders ist: Man kann, um mehr Punkte für andere Attribute zu haben, einzelne Attribute auch unter den Durchschnittswert bringen. So brachte das rumspielen mich einmal durchaus zum lachen, weil meine Frau und ich einen Running Gag haben, dass wenn wir uns irgendwie sprachlich verhaspeln, das Gegenüber ein dümmliches „Worte schwierig“ raushaut. Wenn man bei Intelligenz in The Outer Worlds einen unterdurchschnittlichen Wert wählt, wird der Nachteil den man dadurch erlangt wie folgt beschrieben: »Worte schwierig, Denken doof…«.

The Outer Worlds - Worte schwierig

»Worte schwierig« – In The Outer Worlds, spielt man wie man möchte…

Damit hat man deutlich mehr Spielraum, als in vielen anderen Spielen. In Fallout 4 z.B. wollte ich einen dummen Haudrauf spielen. Das war schlichtweg nicht möglich. Dadurch dass der Hauptcharakter synchronisiert wurde, gab es keine dummen Dialogoptionen, sondern nur das, was auch eingesprochen war. Die Vielfalt litt darunter, dass Bethesda versucht hat ein Rollenspiel cineastischer wirken zu lassen.

Bei The Outer Worlds hat man diese Hürde nicht und man bekommt herrlich bescheuerte Dialogoptionen geboten, selbst wenn man die Inteelligenz höher eingestuft hat, wie ich bei meinem ersten Spieldurchlauf. Aber alleine dafür möchte ich das Spiel nochmal spielen, mit einem Charakter dessen Intelligenz und Wahrnehmung auf dem Minimum ist. Einfach nur um zu sehen, wie sich alles verändert. Denn hier weiß ich: Es macht einen Unterschied.

Auch im Spiel selbst macht alles, was man so tut, einen Unterschied. Manches mehr, manches etwas weniger. Man hat einfach das Gefühl, dass die Entscheidungen einen Unterschied machen und das finde ich super. Ich kann mich nicht dran erinnern, wann ich zuletzt ein Spiel gespielt habe, welches mir eine solche Freiheit lässt.

Eine nette Funktion ist übrigens auch das Schwäche-System. Wird man im Spiel oft mit etwas konfrontiert (z.B. Plasma-Schaden oder ein bestimmter Gegnertyp), dann bekommt man einen Nachteil darauf. Natürlich kann man sich selbst entscheiden, ob man das möchte, bekommt aber einen Fähigkeitenpunkt, wenn man den Nachteil annimmt. So kann es sein, dass man mehr Schaden gegen Plasma bekommt, das aber durch einen Vorteil ausgleichen kann. Oder man hat einfach Angst vor bestimmten Gegnerarten und kann sich dadurch weniger konzentrieren. Das gibt einem noch mehr Gestaltungsspielraum bei seinem Charakter.

Der „WOAH!“-Moment

Im ersten Trailer sieht man bereits, dass die optische Präsentation von The Outer Worlds auf einem etwas anderen Level ist, als die meisten anderen Spiele in dieser Liste. Ich hatte so oft Momente in diesem Spiel, bei denen ich einfach nur stehen geblieben bin und „WOAH!“ sagte, dass ich es gar nicht mehr zählen konnte. Vom ersten Moment, in dem man aus dem „Tutorial“ raus ist und den ersten Planeten sieht, über die sich öffnende Tür der Groundbreaker bis hin zum ersten Mal auf Scylla. Es sieht alles so wunderschön und einfach nur beeindruckend aus.

Hier und da hat man gemerkt, dass die Technik auf der Xbox One X an ihre Grenzen kommt, aber das ist Erbsenzählerei und trübte den Spaß am Spiel und der Präsentation absolut nicht. Dennoch freue ich mich auf den zweiten Teil, welcher dann auf der nachfolgenden Konsolengeneration erscheinen wird. Was hier technisch möglich sein wird, muss man erst sehen, aber wenn man sich die Unterschiede zwischen Xbox 360 und Xbox One ansieht (Und dann nochmal die Xbox One X), dann erwarte ich Dinge, die ich mir jetzt noch gar nicht ausmalen kann.

Dieser „Woah!“-Moment kam allerdings nicht nur durch die optische Präsentation regelmäßig zustande. Auch die Story hat es mir sehr angetan. Ebenso die erwähnte Tatsache, dass Entscheidungen den Spielverlauf beeinflussen, sorgten immer wieder für komplett unerwartete Erfahrungen, die mich einfach nur staunen ließen.

Die Begleiter

Wichtig anzumerken sind übrigens auch die Begleiter. Von diesen gibt es sechs, wobei einer davon ein Reinigungsroboter ist, welcher allerdings mit so starken Chemikalien arbeitet, dass diese als Waffe eingesetzt werden können – Na klar. Hier hat man sich bei Obsidian nicht gedacht, dass diese nur schmückendes Beiwerk sind, um das Spiel einfacher zu machen. Sie sind ausgearbeitet und haben Charakter. Insbesondere Parvati hat eine so liebevoll ausgearbeitete Story, welche zudem die LGBTQ-Community mit einschließt. Die gesamte Begleiterquest von ihr ist so toll erzählt, dass man einen wirklichen Draht zu ihr entwickeln kann.

Auch die anderen Begleiter sind wundervoll auserzählt, wobei ich nicht unbedingt mit jedem eine so enge Bindung aufbauen könnte, wie mit Parvati. Die Charaktere sind so extrem unterschiedlich, dass hier aber jeder seinen Liebling finden kann.

The Outer Worlds – Parvati

Was ich ganz nett finde: Man nimmt nicht immer nur einen Begleiter mit, sondern direkt zwei. Das hat den tollen Nebeneffekt, dass die beiden miteinander interagieren. So zieht Ellie ganz gerne mal Parvati auf, beide kommen aber ganz gut mit klar. Oder Parvati sorgt sich um Felix, den ich gerne als Hund bezeichne, weil er einfach so dümmlich und unterwürfig wirkt. Ständig gibt es Unterhaltungen zwischen den beiden Begleitern, die man dabei hat und im Gegensatz zu anderen Spielen, wiederholt sich hier nichts.

Also sicherlich gibt es nach einer Weile auch hier Wiederholungen, aber ich hatte nicht einmal die Situation, dass dies passiert ist und mit etwas über 35 Stunden Spielzeit bin ich definitiv über den Durchschnitt gekommen, weil ich mir einfach alles ansehen wollte und dennoch offenbar noch einiges übersehen habe, wie mir alleine schon bei meiner Frau auffiel, die Gegenstände im Inventar hatte, die ich selbst nie gesehen habe.

Game of the Year 2019

Das Spiel hat es mir einfach komplett angetan und nachdem ich mich echt schwer getan habe ein Spiel zu benennen, welches mir dieses Jahr so gut gefallen hat, dass es Game of the Year für mich sein könnte (2017 war es Breath of the Wild und 2018 Moonlighter), hat The Outer Worlds diesen Thron für sich nach wenigen Stunden beansprucht. Ich muss auch ganz ehrlich sagen, dass ich eine Weile mit mir gerungen habe, ob dieses Spiel nicht vielleicht sogar den ersten Platz auf dieser Liste verdient hat.

Schließlich ist der Wiederspielwert enorm, die Präsentation extrem beeindruckend und die Story wirklich gut ausgearbeitet. Aber wie ich bereits bei Minecraft sagte, ist das Siegertreppchen verdammt flach und eigentlich stehen alle drei Spiele auf fast derselben Stufe für mich.

Zum Abschluss lasse ich euch mal noch den Launch-Trailer da, welcher in mir einfach nur ein absolutes „Haben wollen!“-Gefühl ausgelöst hat. Wem es nach diesem Trailer ähnlich geht: Microsoft hat Obsidian Entertainment mittlerweile gekauft und das Spiel befindet sich im Xbox Game Pass für Konsole und PC.

Ein Kommentar

  1. Was für eine fantastische und faszinierende Welt. Bei dieser wirklich gelungenen Grafik kommt man sich vor, als ob man selber im Spiel die Spielfigur ist. Vor allem, was mich begeistert hat, dass man seinen Charakter im Spiel, selber so erstellen kann, das er zu einem passt und auch die Dialoge selber steuern kann und diese nicht vorgegeben sind und obendrein auch die Intelligenz einzustellen ist.

    Das ist ein Spiel, was mitdenkt und daher auch so unwahrscheinlich interessant ist, zu spielen.

    Ich kann mir wirklich lebhaft vorstellen, was du für Spaß am Spiel hast. Vor allem, wenn du Dialoge führen kannst, wo du Antworten bekommst, die du gar nicht erwartet hast. 😁

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